Unser Köln
Schutz für Festungen in Köln
Philipp Haaser · 04.06.2024
Der Eingang zum Festungsmuseum im Zwischenwerk VIII B. Foto: Robert Schwienbacher
Wer den Atombunker im U-Bahnhof Kalk-Post bei einer geführten Tour betritt, versetzt sich nahezu unweigerlich in die Lage der panischen Menschen, die hier im Ernstfall hätten Schutz suchen müssen. Ein Zähler am Eingang zeigt an, wenn die Grenze von 2.400 Personen erreicht worden wäre.
U-Bahnhof und Bunker
Vorräte für 14 Tage, darunter Medikamente, Windeln und Wasser, wären vorher eingelagert worden. So weit das Szenario, das im Kalten Krieg entwickelt wurde. 1979 wurde die Mehrzweckanlage in Betrieb genommen: in Friedenszeiten ein normaler U-Bahnhof, der im Ernstfall zu einem hermetisch abgeriegelten Bunker umgerüstet werden sollte.
Heute kümmert sich der Verein „Kölner Festungsmuseum“ neben verschiedenen Festungen und Bunkern in Köln ehrenamtlich um die Anlage – sein historisch jüngstes Projekt. Er bietet die Führungen an.
Mitglied Patti M. (Name von der Redaktion geändert) kennt die Technik im Bunker inzwischen so gut, dass sie sich als die „gute Seele der Maschinen“ vorstellt. Sie lässt die Besucher an ihrem Wissen teilhaben. Aber es sind nicht allein die Wunderwerke der Ingenieurskunst, die die hauptberufliche Lokführerin faszinieren. „Mich interessiert, wie der menschliche Faktor hier berücksichtigt wurde“, sagt sie. Nicht ausreichend – zu diesem Schluss kommt sie immer wieder.
Kölner Geschichte erlebbar machen
Seinen Anfang nahm der Verein „Kölner Festungsmuseum“ vor mehr als zwanzig Jahren mit dem Engagement für die preußischen Forts. Die Preußen errichteten zwischen 1815 und 1873 zwölf von ihnen in einem inneren und 14 in einem äußeren Festungsgürtel um die Stadt, zusammen mit Dutzenden weiteren Bauten. Aus den unbebauten Schussfeldern vor ihnen entstanden unter Oberbürgermeister Konrad Adenauer nach dem Ersten Weltkrieg schließlich der Innere und Äußere Grüngürtel.
Jahrzehnte rotteten manche Forts weitgehend unbeachtet vor sich hin, während andere als Proberäume, Rosengärten oder Spielplätze „zweckentfremdet“ wurden; ohne Verweise auf ihre ursprüngliche Bestimmung.
Die Besucher und Besucherinnen können während der Führung im Röhrenbunker alte Geschichte hautnah erleben. Foto: Robert Schwienbacher
Der Verein hat siebzig Mitglieder, gut die Hälfte der Freiwilligen zähle er zu den aktiven Mitgliedern, sagt Robert Schwienbacher, Vorsitzender des Vereins. Ihre Berufe seien vielfältig, vom Kunsthistoriker über den Mediziner hin zum Bäckermeister sei alles vertreten. Kulturell interessiert seien alle – und packen tatkräftig mit an. Sie richteten insbesondere das Zwischenwerk VIII B so her, dass es wieder mit seiner Geschichte erlebbar wurde. Heute betreibt der Verein hier ein Festungsmuseum und zeigt, mit welcher technischen Komplexität das preußische Militär die Stadt verteidigen wollte.
Der Verein forscht
Schwienbacher fasst die Aktivitäten des Vereins unter den Begriff der Festungsforschung. Er und seine Mitstreiter sichten, welche Festungsbauten im Grüngürtel noch vorhanden sind, welche umgebaut, überbaut oder gar gesprengt wurden. Die Ergebnisse der akribischen Arbeit sind in einem dicken Wälzer versammelt. Sie katalogisieren Fundstücke und digitalisieren Dokumente über spätere Bunkerbauten, kartieren Spuren im Stadtraum und organisieren kulturelle Veranstaltungen, Führungen für Schulklassen und die Öffentlichkeit.
„Wir wollen den Menschen in den Mittelpunkt stellen.“
Was motiviert die ehrenamtlichen Mitglieder? „Die Neugier und der Wunsch, das Verborgene zu zeigen“, sagt Schwienbacher. Nach und nach erweiterten die Vereinsmitglieder den Fokus ihrer Aufmerksamkeit. Anlagen aus dem Zweiten Weltkrieg kamen hinzu: wie der „Angströhre“ genannte Bunker unter dem Reichensperger Platz. Damit umspannt das historische Interesse der Mitglieder heute die Zeit der Preußen und die Weltkriege bis hin zum Kalten Krieg mit seinem apokalyptischen Potenzial.
Die massiven Bauten zeugen vom Schrecken des Krieges in verschiedenen Epochen. Der gehöre dazu, wenn man die Vergangenheit zeigen will, wie sie wirklich war, ist man sich im Verein sicher. Von Kriegsverherrlichung distanzieren sich die Mitglieder aus pazifistischer Überzeugung immer wieder ausdrücklich. „Wir wollen den Menschen in den Mittelpunkt stellen“, erzählt Schwienbacher. Und dafür eigneten sich die Festungen und Bunker als stumme Zeugen der Kriegsverheerungen und des menschlichen Überlebenswillens ganz unmittelbar.
Kölner Festungsmuseum
Im Zwischenwerk VIII B, Militärringstr. 10,
Robert Schwienbacher,
Tel. 0162 / 739 95 05
https://welt.unter.koeln
Geöffnet: jeden 1. Samstag und 3. Sonntag im Monat, 12–18 Uhr.
Kostenlose Führungen: 12, 14 und 16 Uhr
Interessierte können gerne den monatlichen Stammtisch am letzten Mittwochabend im Monat besuchen.
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Tags: Festung , Geschichte , Kölner Stadtgeschichte , Vereine
Kategorien: Unser Köln , Tagesausflüge