Unser Köln
Kölnisches Stadtmuseum: Geschichte mit viel Gefühl
Lars Germann · 13.08.2024
Foto: Constantin Ehrchen
„Das ist doch der Neumarkt!“, ruft die ältere Dame freudig. Gerade hat sie den rechteckigen Platz im Modell des frühneuzeitlichen Kölns wiedererkannt. Dieses steht im „Auftaktraum“ des Kölnischen Stadtmuseums und ist fast das Einzige, was noch an den früheren Standort im ehemaligen Zeughaus erinnert.
Die Kuratoren Sascha Pries und Stefan Lewejohann haben das altehrwürdige Museum, das 2017 nach einem Wasserschaden größtenteils geschlossen werden musste, komplett neu konzipiert. Vielleicht haben sie sich das Höhnerlied „Hey Kölle, du bes e Jeföhl“ dafür zu Herzen genommen. Denn die Stadtgeschichte wird am neuen Standort nicht chronologisch abgehandelt, sondern im „Kontext von Emotionen“ erzählt.
Museale und private Ausstellungsstücke
„Was lieben wir?“, „Woran glauben wir?“ oder „Was macht uns Angst?“ sind drei der acht Fragen, die auf sogenannten „Themeninseln“ beantwortet werden. Und das nicht nur von Historikern, sondern auch von den Einwohnern selbst: Eine Gruppe von 15 Köln-Experten gestaltete die Ausstellung maßgeblich mit, indem sie eigene Objekte zur Verfügung stellte. Und so finden sich neben den siebenhundert Ausstellungsstücken der Sammlung eben auch viele persönliche Gegenstände, die von Liebe und Leidenschaft, Angst, Wut und Hoffnung zeugen.
Kurator Sascha Pries. Foto: Lars Germann
„Wir wollten die Stadtgeschichte auf eine innovative und partizipative Weise erzählen, damit sich die Kölnerinnen und Kölner darin wiederfinden“, sagt Sascha Pries. Geschichte sollte nicht nur vermittelt werden, sondern auch erlebbar und „zum Anfassen“ sein. Es gibt Objekte, die explizit ausprobiert werden sollen, etwa eine Puppe des Hänneschen-Theaters oder eine Spielekonsole aus den Achtzigerjahren. Besucher können die Ausstellung auch selbst mitgestalten: „Lass es raus!“, fordert eine Schautafel zum Thema Wut auf. Auf kleinen Zetteln haben hier schon zig Menschen ordentlich Dampf abgelassen über Ärgernisse wie Baustellen oder nicht enden wollende Sanierungen.
Geschichten von Glaube, Karneval und Fußball
Dass das Museumskonzept komplett neu gedacht werden musste, lag natürlich auch am neuen Standort im ehemaligen Modehaus Franz Sauer, das in direkter Nachbarschaft zum Museum Kolumba und dem Museum für Angewandte Kunst (MAKK) liegt. Mit 750 Quadratmetern bietet das Haus nicht nur deutlich weniger Platz als das Zeughaus. Es stellte die Kuratoren auch mit seinen fünf Halbgeschossen vor echte Herausforderungen. Zwei der Ausstellungsflächen liegen unter der Eingangsebene, zwei darüber. Da bietet sich ein chronologischer Ansatz kaum an. Und unter den 300.000 Objekten der Sammlung musste eine sinnvolle Auswahl getroffen werden.
So entstand die Idee, „epochenübergreifend Zusammenhänge herzustellen und spannende Geschichten zu erzählen“, erklärt Pries. Zum Thema „Glaube“ etwa finden sich nicht nur religiöse Objekte aus der christlichen, jüdischen und muslimischen Geschichte Kölns. Auch „Ersatzreligionen“ wie Geld, Ideologien oder Fußball werden hier thematisiert. Neben den bekannten Ursulabüsten hängt die Fankutte eines FC-Anhängers. Neben historischen Münzen sieht man Soldatenfiguren aus der NS-Zeit.
Komplett barrierefrei
Wer auf einen „Crash-Kurs“ in Sachen kölnische Geschichte nicht ganz verzichten mag, bekommt ihn im sogenannten Auftaktraum. Hier wird die Entwicklung von der Römerzeit bis hin zur Gegenwart anhand weniger ausgewählter Exponate chronologisch wiedergegeben. Im Mittelpunkt steht das bekannte große Stadtmodell, das Köln im Jahre 1571 zeigt. Mithilfe von QR-Codes und ausleihbaren Tablets kann man zusätzlich auf multimediale Angebote zugreifen.
Exponate der Friedensdemo, die 2022 statt des Rosenmontagszugs durch Köln zog. Foto: Lars Germann
Das neue Konzept kommt bei den Gästen gut an. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich hier so lange aufhalten würde“, sagt Besucherin Maria Braun (70) aus Köln. Die Ausstellung sei nicht nur „abwechslungsreich und kurzweilig“. Mit der bunten Mischung aus lebensnahen Exponaten, kurzen Texten und Mitmach-Stationen findet sie das neue Stadtmuseum auch „sehr familienfreundlich“. Und dank Aufzügen und einem Blindenleitsystem ist es auch komplett barrierefrei. Der eigenen emotionalen Reise in die Kölner Geschichte steht also nichts im Wege.
Kölnisches Stadtmuseum
Minoritenstr. 13
50667 Köln
Kölnisches Stadtmuseum | Stadt Geschichte Anders (koelnisches-stadtmuseum.de)
Eintritt: 5 Euro, freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre sowie für Köln-Pass-Inhaber. Geöffnet: Di 10–20 Uhr, Mi–So, Feiertage 10–17 Uhr, am KölnTag (jeden 1. Do im Monat): 10–22 Uhr, freier Eintritt für alle Kölner. Das Museum ist weitgehend barrierefrei und für Rollstuhlfahrer geeignet.
Führungen:
Di, 18 Uhr, Do 16 Uhr, So 14 Uhr für Familien. Führungen in wechselnden Sprachen: Sa 14 Uhr, So 15.30 Uhr.
Info: 0221 / 221-2 23 98
Infos zu öffentlichen Führungen
Das könnte Sie auch interessieren:
Schon gewusst, was sich im U-Bahnhof Kalk Post befindet?
Kölns preußische Festungsanlagen virtuell und mit dem Rad erkunden
Tunnel, die Lebensadern unter dem Asphalt
Tags: Kölner Museum , Kölner Stadtgeschichte , Kölnisches Stadtmuseum , Neueröffnung 2024
Kategorien: Kultur , Unser Köln