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Recht

Schonvermögen bei Grundsicherung im Alter: Muss Omas Häuschen unter den Hammer?

Lars Germann · 01.10.2024

Es gibt Vermögen, das verschont wird. Symbolfoto: R_K_B_by_chocolat01_©pixelio.de

Es gibt Vermögen, das verschont wird. Symbolfoto: R_K_B_by_chocolat01_©pixelio.de

Wenn das Geld im Alter nicht zum Leben reicht, ist der Gang zum Sozialamt häufig unvermeidlich. Doch was passiert mit dem mühsam abbezahlten Haus oder der Eigentumswohnung? Muss es verkauft werden oder fällt es unter das sogenannte „Schonvermögen“? KölnerLeben gibt Orientierung.

Immer mehr ältere Menschen stehen vor dem Problem, dass ihre Rente nicht zum Leben reicht. Aktuell beziehen über 700.000 Rentnerinnen und Rentner in Deutschland Grundsicherung im Alter, das sind 40 Prozent mehr als im Jahr 2015 (Quelle: Statistisches Bundesamt https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/rentner-sozialhilfe-grundsicherung-100.htm).

Bevor das Sozialamt Hilfe gewährt, prüft es genau die finanziellen Verhältnisse der Antragsteller: Wie viel Barvermögen ist vorhanden? Gibt es ein teures Auto, Aktien, Wertgegenstände oder Wohneigentum? Denn wenn die Rente nicht reicht, der Antragsteller aber über größere Wertanlagen oder ein großes Haus verfügt, die verkauft werden könnten, müssen diese zuerst für den Lebensunterhalt eingesetzt werden. Aber nicht alles muss „versilbert“ werden, es gibt Vermögen, das verschont wird.

Was gilt als Schonvermögen?

Als „Schonvermögen“ wird das Eigentum bezeichnet, das Antragsteller guten Gewissens behalten dürfen, ohne auf die staatliche Unterstützung verzichten zu müssen. Hier hat sich in den vergangenen Jahren sogar einiges zugunsten der Bedürftigen verändert: So dürfen Einzelpersonen heute über ein Barvermögen von 10.000 Euro verfügen, Paare entsprechend über 20.000 Euro. Auch bestimmte Rücklagen, etwa für die Bestattungsvorsorge oder für behindertengerechte Umbauten, bleiben in gewissem Rahmen unangetastet.

Den größten sachlichen – und emotionalen – Wert stellt bei vielen älteren Menschen das eigene Häuschen oder die Eigentumswohnung im geliebten heimischen Veedel dar. Die gute Nachricht: Auch das fällt in vielen Fällen unter das Schonvermögen. „Es gilt allerdings, dass das Wohneigentum angemessen sein muss“, wie Anja Schäfer aus der Grundsatzabteilung des Amtes für Soziales, Arbeit und Senioren der Stadt Köln erläutert.

Wann gilt ein Eigenheim als angemessen?

Folgende Richtwerte gelten für Immobilien, die von ein oder zwei Personen bewohnt werden. Für jede zusätzliche Person erhöht sich die angemessene Größe um 20 Quadratmeter.

Art des Eigenheims Max. „angemessene“ Größe
Einfamilienhaus 90 qm
Eigentumswohnung 80 qm
Grundstück eines Reihenhauses 250 qm
Grundstück eines Reiheneckhauses 350 qm
Grundstück einer Doppelhaushälfte 350 qm

Auch die Ausstattung der Immobilie spielt eine Rolle, diese sollte ebenfalls angemessen sein.

Wie hoch darf der Verkehrswert des Eigenheims sein?

Da insbesondere in Großstädten wie Köln die Immobilienpreise in den vergangenen 15 Jahren stark gestiegen sind, spielt auch der Wert des Eigenheims eine entscheidende Rolle. Dabei gelten folgende Richtwerte:

Art des Eigenheims Max. „angemessene“ Größe
Freistehendes Einfamilienhaus 5.600 Euro pro qm Wohnfläche
Doppelhaushälfte 5.500 Euro pro qm Wohnfläche
Reihenendhaus 5.400 Euro pro qm Wohnfläche
Reihenmittelhaus 5.300 Euro pro qm Wohnfläche
Eigentumswohnung 5.700 Euro pro qm Wohnfläche
Eigenheim mit Erbpacht 4.800 Euro pro qm Wohnfläche

In diesen Preisen müssen sämtliche Kosten für die Immobilie inklusive Nebenkosten inbegriffen sein.

All diese Größen und Preise sind Richtwerte. Anja Schäfer betont, dass immer der „Einzelfall“ betrachtet wird. Ist etwa die Wohnfläche etwas größer, verfügt aber über einen behindertengerechten Grundriss, auf den der Antragsteller angewiesen ist, kann dies trotzdem angemessen sein. Zudem gebe es auch Härtefall-Regelungen.

Beispiele:

Ein älteres Ehepaar beantragt Sozialhilfe. Sie leben gemeinsam in einer 80 Quadratmeter großen Eigentumswohnung. Die Wohnung hat einen ermittelten Verkehrswert von 320.000 Euro und fällt damit unter das Schutzvermögen.

Eine Rentnerin lebt in einem Reihenhaus mit 110 Quadratmetern Wohnfläche auf einem 250 Quadratmeter großen Grundstück. Die Wohnfläche übersteigt den Grenzwert von 90 Quadratmetern, jedoch ist das Haus besonders behindertengerecht eingerichtet. Auch hier entscheidet eine Einzelfallprüfung.

Fazit: Informieren lohnt sich!

Für die Berechnung des Verkehrswertes muss ein Gutachten erstellt werden. In Köln gibt es für jede Lage Bodenrichtwerte, die im Katasteramt der Stadt erfragt werden können. Damit lässt sich der ungefähre Wert eines Grundstücks bestimmen. Wie hoch der Wert eines Hauses oder einer Eigentumswohnung ist, hängt vom Baujahr, vom Zustand und von der Ausstattung ab und muss daher im Einzelfall bestimmt werden.

Sofern die älteren Menschen nicht gerade in einer Villa oder in einer sehr großen Wohnung leben, fällt das Eigenheim also in vielen Fällen unter das Schutzvermögen. Abschließende Klarheit bringt jedoch immer die genaue Prüfung des Einzelfalls.

Weitere Informationen Amt für Soziales, Arbeit und Senioren

Adresse: Kalk Karree, Ottmar-Pohl-Platz 1, 51103 Köln

Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag 8 bis 12 Uhr sowie nach Vereinbarung

Tel. 0221 / 221-0

Homepage: https://www.stadt-koeln.de/service/adressen/00072/index.html

Beratungstelefon für Senioren und Menschen mit Behinderung Tel. 0221 / 221-2 74 00

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Tags: Grundsicherung , Recht , Schonvermögen , Vermögen

Kategorien: Ratgeber , Recht , Wohnen