Aktiv werden
Eine Zeitreise durch 65 Jahre KölnerLeben
Lydia Schneider-Benjamin, Martina Dammrat, Wolfgang Guth · 06.12.2024
65 Jahre KölnerLeben - das Team. Foto: S. Große-Wortmann
KölnerLeben-Cover 1959 und 1964
1960er: der malerische Anfang
Die Geschichte von KölnerLeben beginnt besinnlich-betulich: Das Titelblatt der ersten Ausgabe zeigte handgezeichnete Engelchen mit Laute, Flöte, Cello und Gesangbuch in den Händen. Am 1. Dezember 1959 erschienen 1.500 Exemplare, zu jener Zeit noch unter dem Titel „Der Feierabend“. Die Publikation, auf einfachem Papier gedruckt und mit Schreibmaschine geschrieben, war konzipiert als „Monatsschrift für die Bewohner der Riehler Heimstätten und des Städtischen Altenheims Köln-Mülheim“. Für die „lieben alten Damen und Herren“ gab es allerlei Geschichtchen und Gedichte – in teils ziemlich kleiner Schrift – zu lesen. „Tröstender Begleiter in schlechten Zeiten“ sollte das Heft sein – so sahen es Redaktion und Herausgeberin, die beim Oberstadtdirektor der Stadt Köln angesiedelte Sozialverwaltung.
Zufriedenstellendes Leben ohne Arbeit?
Der vieldeutige Titel „Der Feierabend“ macht heute stutzig: Damals wurden Altenheime zum Teil noch „Feierabendheime“ genannt. Gemeint war sicher auch der „Lebensfeierabend“, also die Zeit nach dem Berufsleben. Und tatsächlich war ein zufriedenstellendes Leben im Alter ohne Arbeit offenbar kaum vorstellbar. In der 50. Ausgabe (1964) empfahl die Vorsitzende des Kölner Altenklubs, die Sozialpolitikerin Edith Mendelssohn Bartholdy, als Heilmittel „Arbeitstherapie“ unter „geriatrisch geschulter Überwachung“.
Das Leben der „betagten Bürger der Stadt Köln“, wie es jetzt im Untertitel hieß, bestand damals offenbar vor allem aus Mühsal, Leiden und Untätigkeit. In den Heimen der 1950er und 1960er Jahre, so scheint es, warteten die Bewohner nur noch auf den endgültigen „Feierabend“ – bis dahin setzte die Redaktion ihnen monatlich „Ernstes und Heiteres, Besinnliches und Vergnügliches“ zur Zerstreuung vor. In den 1960er Jahren hatte das Heft Leser in aller Welt: In der 100. „Feierabend“-Ausgabe im März 1968 wurde betont, dass das Magazin für viele im Ausland lebende Kölner eine „Brücke zur Heimat“ sei. Es begrüßte Leser nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt.
KölnerLeben-Cover 1968 und 1979
1970er: Fremdenfeindlichkeit im „Feierabend“
Das Magazin stand für Heimatverbundenheit – und kam bis weit in die 1970er Jahre ziemlich konservativ daher. Gleichzeitig griff das Magazin mehr und mehr städtische Belange und Ratgeber-Themen auf. Es in- formierte über den „Auskunfts- und Beratungs dienst im Rathaus“ und über Sozialhilfe. In der Rubrik „Schütten Sie Ihr Herz aus“ druckte die Redaktion Leserfragen und gab Antwort, beispielsweise zum im Rahmen der kommunalen Gebietsreform erlassenen Köln-Gesetz oder zu Steuerfragen. Der Ton war oft schroff und lapidar: „Da kann man nichts gegen machen.“
Zur gleichen Zeit wurde zunehmend klar, dass viele der Gastarbeiter, die in den 1950er und 1960er Jahren nach Köln gekommen waren, in der Domstadt bleiben würden. Die Leserschaft des „Feierabend“ war em- pört, abermals „schüttete sie ihr Herz aus“. Die Wortwahl der Einsendungen erinnert an Kommen- tare in den heutigen Sozialen Medien. 1976 beispiels- weise schrieb ein „Herr F. G.“: „Lesen Sie keine Zeitung? Jeden Tag liest man von Messerstechern.“ Die Redaktion empfahl daraufhin: „Da hilft nur noch beten.“
1980er: Selbstbestimmung im Alter
Spätestens Ende der 1980er Jahre berichtete die Redaktion häufiger im Reportagestil über die Lebens- umstände älterer Menschen, etwa im Seniorenhaus St. Theodor in Vingst. Eigene kleine Wohnungen und „Service-Räume“ mit Arztsprechstunden, Schwimm- becken und Gymnastikangeboten zeugen davon, dass sich moderne Einrichtungen zunehmend als Dienstleister verstanden – nicht länger als Einrichtungen, die die „Betagten“ bis zu ihrem Tod verwalten. Der „Feierabend“, mittlerweile Teil eines übergeordneten Seniorenberatungskonzepts der Stadt, stärkte seine Ratgeber-Themen und berichtete etwa über Fahrtüchtigkeit im Alter, über Pflanzenpflege, Kriminalität und Gesundheitsthemen, intensiv auch über die Seniorenwahl der Stadt Köln 1986. Die „Alten“ galten mehr und mehr als soziale Gruppe, die ihr Leben selbstbestimmt und auch politisch gestalten möchte.
KölnerLeben-Cover 1988 und 1999
1990er: geweiteter Blick
In den 1990er Jahren weitete das Magazin den Blick und griff gesamtgesellschaftliche Themen auf, bei- spielsweise die ambulante Pflege oder die Euro-Ein- führung 1998. Die Redaktion berichtete auch ausführlich über den Euro- und den Weltwirt- schaftsgipfel, die 1999 in Köln stattfanden. In diesen Jahren wandelte sich das Bild der „Alten“ in der Öffentlichkeit. Und das Magazin mit ihm: Schon 1987 trat es moderner gestaltet auf. Seit 1998 kam es im Vierfarbdruck daher. Auch die Werbung entdeckte die über 60-Jährigen als Zielgruppe, zumal sie gesundheitlich und finanziell vielfach besser dastanden als frühere Generationen. Gleichwohl hielten sich gewisse Klischees noch lange: Entweder waren die Senioren topfit (und eben nicht alt) oder „verkalkt“. Solche Fragen rund um Altersdiskriminierung griff das Blatt ebenfalls immer wieder auf.
KölnerLeben-Cover 2003
2000er: vom Feierabend zum KölnerLeben
Einen deutlichen Bruch markierte das Jahr 2001: Die zweite Ausgabe des Jahres erschien unter dem bis heute aktuellen Titel „KölnerLeben“. Die Verant- wortlichen erreichten mit dem Titel „Der Feierabend“ die „jüngeren Senioren“ nicht mehr, ebenso wenig die „werbende Wirtschaft“. Ganz trennen mochte man sich vom alten Titel allerdings noch nicht – in kleiner Schrift blieb er bis zum Jahr 2003 auf dem Titelblatt. Seither lautet der Untertitel schlicht „Das Stadtmagazin“.
KölnerLeben-Cover 2016 und 2020
2010er: KölnerLeben wird digital
„KölnerLeben“ geht 2009 mit einem eigenen Internetauftritt online. Die Redaktion beschäftigte sich intensiv mit den unterschiedlichen Bezeichnungen für ältere Menschen – „Senioren“, „junge Alte“, „alte Alte“, „Hochaltrige“ oder doch „Best Ager“ oder „Silver Ager“? Schwierige Themen wie Altersarmut, Missstände in der Pflege, Demenz sowie Sexualität im Alter gewinnen an Bedeutung.
2020er: Corona und noch mehr online
In der Coronazeit von 2020 bis 2022 nimmt „Kölner-Leben“ eine wichtige Funktion zur Information der älteren Bevölkerung ein. Zahlreiche ehrenamtliche Einkaufsdienste und weitere Hilfen werden für die Menschen, die als besonders gefährdet gelten, kurzerhand ins Heft aufgenommen. Auch das Onlineportal gewinnt immer mehr an Bedeutung, der Veranstaltungskalender wird mit über fünfhundert Terminen im Monat zum zentralen Serviceangebot.
KölnerLeben-Cover der Herbst- und Winterausgabe 2024
KölnerLeben heute
KölnerLeben will nach wie vor eines: einen Beitrag zur Teilhabe älterer Menschen an der Gesellschaft und damit zu einem langen, selbstbestimmten Leben leisten. Heute umfasst die Redaktion drei hauptberufliche Redakteurinnen und viele freiberuflich tätige Autoren und Fotografen. Der aus Seniorenvertretern gebildete ehrenamtlich tätige Beirat, ein wichtiges Sprachrohr für die Problemlagen der Se- nioren, unterstützt dabei. Kostenlos, barrierefrei, digital Seit vielen Jahren wird KölnerLeben erfolgreich in einer sogenannten Public Private Partnership mit einem Verlag produziert, seit diesem Jahr mit dem Köllen Verlag in Bonn. Er ist für die grafische Gestaltung, den Druck und die Verteilung der 20.000 Hefte an die vielen Auslagestellen in Apotheken und öffentlichen Einrichtungen verantwortlich. Seine Auslagen finanziert der Verlag ausschließlich durch das Einwerben von Anzeigen.
Da immer mehr ältere Menschen im Internet unterwegs sind, wird www.koelnerleben.koeln stetig ausgebaut. Auf der Website werden täglich seniorenrelevante Meldungen veröffentlicht. Egal um welches Medium es sich auch immer handelt – Barrierefreiheit wird im wörtlichen Sinne großgeschrieben: große Schrift, genügend Zeilenabstand und deutliche Kontraste! Und vor allem natürlich Verständlichkeit! Regelmäßig werden Heft und Internetseite von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) geprüft und zertifiziert.
Illustration: Sabine Voigt
Herausforderung: das eine tun, ohne das andere zu lassen
Auf ein Wort: Unsere Aufgaben in der Redaktion werden komplexer. „Crossmediales Arbeiten“ ist heute gefragt – was kann online, was ins Heft? Und die Digitalisierung verschärft das Arbeitstempo: Hunderte E-Mails warten nach einem Wochenende auf Bearbeitung. Dennoch wollen wir den Menschen nicht aus dem Blick und dem Herzen verlieren.
Noch nie sind in der Menschheitsgeschichte so viele Menschen so alt geworden. Die Zahl der über Hundertjährigen steigt und steigt. Die Chancen für einen erfüllten „dritten“ Lebensabschnitt sind groß. Für die meisten trifft zu, dass sie dann viele gesunde Jahrzehnte zu erwarten haben, die sie aktiv, vielseitig interessiert, sozial eingebunden und verantwortungsbewusst verbringen.
Diese bunte Palette des „KölnerLeben“ wollen wir abbilden und Sie, liebe Leserinnen und Leser, noch viele Jahre begleiten.
Die schönsten der alten Feierabend-Magazincover
Lesen Sie den Kommentar von Henriette Reker Oberbürgermeisterin der Stadt Köln auf Seite 2.
Tags: Jubiläum , Kölner Stadtgeschichte , KölnerLeben Magazin
Kategorien: Unser Köln , Vereine / Organisationen