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Ehrenamt

Gegen Wahlpfusch - ehrenamtliche Wahlbeobachter im Einsatz

David Korsten · 03.09.2020

Der Wahltag in der Ukraine ist ein besonderer Tag. Dabei sprechen durchsichtige Urnen keinesfalls für eine transparente Wahl. Vielmehr beschneiden sie das geheime Wahlrecht. Foto: Michael Forster Rothbart

Der Wahltag in der Ukraine ist ein besonderer Tag. Dabei sprechen durchsichtige Urnen keinesfalls für eine transparente Wahl. Vielmehr beschneiden sie das geheime Wahlrecht. Foto: Michael Forster Rothbart

Freie und geheime Wahlen sind nicht in allen Ländern selbstverständlich. Ehrenamtliche Wahlbeobachter sollen daher prüfen, ob alles mit rechten Dingen zugeht.

„Ich möchte einen Beitrag zur demokratischen Entwicklung leisten, auch wenn der vielleicht mikroskopisch klein ist“, sagt Renate Pasch. Dies nennt die 68-Jährige als einen der wichtigsten Gründe für ihr ehrenamtliches Engagement als Beobachterin von Wahlen auf der ganzen Welt.

Internationale Erfahrung hat sie in ihrem Berufsleben reichlich gesammelt, sie war unter anderem tätig in der Erwachsenenbildung in Entwicklungsländern. 2004 meldete sie sich beim Berliner Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) und war seither durchschnittlich einmal im Jahr zur Wahlbeobachtung unterwegs.

Das ZIF kümmert sich seit 2002 um Krisenvorbeugung, Konfliktlösung und Friedenssicherung – und entsendet Wahlbeobachter in Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Manchmal gehtes auch darüber hinaus. Bis heute schickte das ZIF fast 4.000 Personen auf Mission.

Wichtig: Eine Verpflichtung, Wahlen beobachtenzu lassen, gibt es nicht; die Zielländer müssen dazu einladen.

Mit den Menschen vor Ort in Kontakt

Auch Pavel Utitz engagiert sich fürs ZIF und bringt viel internationale Erfahrung mit. Bei einer großen Stiftung kümmerte er sich weltweit um Ausbildung und Personalentwicklung, auch in der Wahlanalyse und -berichterstattung war er tätig. Seit 2015 nahmer an sechs Missionen teil. „Ich warbei der Trump-Wahl in den USA und einer Putin-Wahl in Russland“, erzählt Utitz.

Auch kleinere, international weniger beachtete Wahlen seien interessant, etwa in Albanien und Weißrussland. „Es ist immer spannend, mit den Wahlbeobachtern aus aller Welt und den Menschen vor Ort in Kontakt zu kommen, abseits touristischer Pfade“, sagt Pavel Utitz. „Wie einen Urlaub darf man sich die Einsätze aber nicht vorstellen“, ergänzt Renate Pasch.


Pavel Utitz (links) und sein Partner aus England vor einem Wahllokal in Weißrussland. Foto: Pavel Utitz

Straffes Programm statt Urlaub

Eine Mission als Kurzzeitbeobachter dauere meist nur etwa fünf Tage, aber das Programm sei straff: Am Anreisetag informiert ein Kernteam, das sich mehrere Monate im Land aufhält, die Beobachter über die Lage vor Ort. Etwa zwei Tage vor der Wahl werden zwei Beobachter einem Team von Langzeitbeobachtern zugeteilt. Dann geht es, begleitet von Fahrer und Dolmetscher, in die Regionen, um die Wahl zu beobachten. „In Russland zum Beispiel dauerte es noch mal zehn Stunden mit dem Flugzeug bis zum endgültigen Einsatzort“, sagt Utitz.

Am Vortag der Wahl erkunden die Beobachterteams in der Region jeweils etwa zehn Wahllokale, die sie unangemeldet besuchen. „Manche sind nicht auf Anhieb zu finden“, erläutert Pasch. Und Utitz erzählt: „Am Wahltag selbst geht es frühmorgens noch vor Öffnung zum ersten Wahllokal. Dort schauen wir, dass keine Stimmzettel in der Urne sind, ob die Listen richtig geführt sind und wie die Wahlkommission zusammengesetzt ist.“

Präsenz zeigt Wirkung

„Wir achten auch darauf“, so Pasch, „ob die Leute zum Beispiel einzeln in die Kabine gehen, ob Ausweise oder Fingerabdrücke richtig kontrolliert werden, ob Polizei vor Ort ist und ob die Menschen in irgendeiner Form beeinflusst oder bedrängt werden.

“Für jedes der Lokale haben sie etwa eine halbe Stunde Zeit. Ihre Beobachtungen tragen sie in standardisierte Fragebögen ein – das wichtigste Instrument der Wahlbeobachtung. Die Ergebnisse werden sogleich elektronisch nach Warschau zum OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) übermittelt.

Am Wahltag selbst beobachten die Freiwilligen zudem die Auszählung in einem der Lokale, lassen sich ein Ergebnisprotokoll aushändigen und begleiten die Wahlurne dorthin, wo sie auf formale Richtigkeit überprüft wird –meist bei der Distriktverwaltung.

Neutral beobachten

Schließlich sind sie dabei, wenn die Ergebnisse in das Distrikt-Wahlergebnis eingepflegt werden. Vor der Rückreise treffen sie sich alle noch einmal in der Hauptstadt, um sich den Gesamtbericht der Ergebnisse anzusehen. „Wir beobachten die Wahl, wir bewerten sie nicht“, betont Utitz.

Strikte Neutralität, die gilt auch nach der Wahl. Details sind tabu. Eines aber erzählt Renate Pasch doch: „In der Ukraine sagte mir ein älterer Mann, dass er sich nur wegen uns Beobachtern zur Wahl getraut habe.“ Das habe sie tief beeindruckt – und sei eine konkrete Antwort auf die Frage, warum sie sich als Wahlbeobachterin engagiere.

Weitere Informationen über Wahlbeobachtung

Wer sich als Wahlbeobachter beim Zentrum für Internationale Friedenseinsätze(ZIF) bewerben möchte, sollte internationale Erfahrung mitbringen und ausreichend gutes Englisch sprechen. Die Beobachter sind ehrenamtlichtätig, aber Reise, Unterkunft und Verpflegung übernimmt das ZIF.
Ludwigkirchplatz 3–4
10719 Berlin
Tel. 030 / 520 05 65-0
E-Mail: hr@zif-berlin.org
Nur online bewerben auf: www.zif-berlin.org

Hilfreich ist auch das Engagement als Wahlhelfer für die Wahlen am 13. September in Köln
Info: 0221 / 221-3 43 33. Details finden Sie auf der Webseite der Stadt Köln: www.wahlhelfer.koeln#

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Tags: Ehrenamt und Freiwilligkeit , Wahlen

Kategorien: Ehrenamt