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Leben in Köln

Kölner Pflegereport

Karin Bünnagel-KölnerLeben Ausgabe 4/2017 · 28.08.2017

Heimpflege mit Qualitätsstandards

Bei allem Engagement – manchmal ist eine Heimunterbringung unumgänglich. In Köln betrifft das fast ein Viertel der Pflegebedürftigen: 7.300 Menschen leben in 99 Pflegeheimen. Aber auch hier tut sich etwas – dank Neubauten und Modernisierungen werden die veralteten Pflegeeinrichtungen zeitgemäß. Den Hintergrund erläutert Waltraud von Elstermann-Urbach, Leiterin der Heimaufsicht der Stadt Köln: „Bis 2018 müssen 80 Prozent der Zimmer Einzelzimmer sein, ausgestattet mit einem eigenen Badezimmer.“ Auch die Mindest-Zimmergrößen sind festgelegt: 14 Quadratmeter für ein Einzelzimmer, 24 Quadratmeter für ein Doppelzimmer.

Um die Einhaltung aller gesetzlichen Auflagen zu gewährleisten, werden die Heime regelmäßig von zwei Kontrollorganen geprüft: dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und der Heimaufsicht der Stadt Köln. Die Bewertungsergebnisse des MDK, der sogenannte Pflege-TÜV, werden in Anlehnung an das Schulnotensystem veröffentlicht. Seit seiner Einführung wird daran heftige Kritik geübt. So weist der Vorsitzende der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) e. V., Dr. Manfred Stegger, darauf hin, dass das Bewertungssystem von Betreibern und Pflegekassen so entwickelt worden sei, dass fast alle Einrichtungen eine Eins bekämen und damit werben dürften. Doch diese Noten verschleierten, dass die Mehrheit aller Einrichtungen bei den geprüften Kriterien die vorgegebenen Standards nicht erreichten. So sind die Noten nicht nur bei Fachleuten sehr umstritten. Bei einer Befragung der Sozial-Betriebe-Köln (SBK), welche Gründe für die Entscheidung zu einem Heim wesentlich seien, gaben lediglich vier von 443 Befragten die Benotung des MDK an.

Standards sind gut, Kontrolle ist besser

Die Heimaufsicht kontrolliert in einem Zeitraum von maximal zwei Jahren jede Einrichtung. Die Besuche werden vorher nicht angekündigt. Begutachtet werden die Wohnqualität, die Alltagsgestaltung, die Mitbestimmung und auch die Personalsituation. Die Gutachter verlangen, erkannte Mängel abzustellen, und stehen den Einrichtungen dabei auch beratend zur Seite. Die Ergebnisse ihrer Kontrollen veröffentlicht die Heimaufsicht auf der städtischen Internetseite. Neben diesen regelmäßigen Kontrollbesuchen geht sie auch jeder Beschwerde von Bewohnern oder deren Angehörigen nach. „Die Kritik bezieht sich zum Beispiel auf das Essen, zu wenig Personal oder zu lange Wartezeiten“, erläutert von Elstermann-Urbach. Erfreulich: Waren es 2015 noch 400 Beschwerden, so gab es im Folgejahr nur 280.

Für diejenigen, die auf der Suche nach einem passenden Heimplatz sind, hat die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) eine Datenbank zusammengestellt. Sie erleichtert den Betroffenen die Orientierung in der Langzeitpflege. „Ratsuchende sollten sich in den Einrichtungen erkundigen, ob das Leistungsspektrum und die Atmosphäre zu den individuellen Bedürfnissen des Pflegebedürftigen passen. Gespräche mit dem Personal, wenn möglich auch mit Bewohnern und deren Angehörigen, können helfen, ein Gefühl für das jeweilige Heim zu entwickeln“, rät Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP. Den gleichen Ratschlag gibt er bei der Suche nach einem passenden ambulanten Pflegedienst.

Ohne sie geht es nicht: die Pflegefachkräfte

Versicherungspflichtig arbeiten in Köln in den ambulanten, teil- und vollstationären Einrichtungen insgesamt 11.834 Personen. So kommt zwar statistisch auf 2,5 Pflegebedürftige ein Beschäftigter, allerdings muss man berücksichtigen, dass diese Zahl sowohl Pflegekräfte als auch Bewegungstherapeuten, Köche und Spülhilfen umfasst. Manche freie Stelle bleibt zudem bis zu vier Monate unbesetzt. „Für Köln wie für ganz NRW gilt, dass aktuell die zur Verfügung stehenden Stellen nicht voll besetzt werden können und ein Fachkräfteengpass besteht“, berichtet Professor Dr. Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung. Um dennoch ausgebildete Pflegekräfte nach Köln zu locken, lassen sich die hiesigen Heime schon etwas einfallen – so unterstützen die SBK ihre Bewerber zum Beispiel bei der Wohnungssuche.

Wer soll das bezahlen?

Jeder Pflegefall ist mit Kosten verbunden. Auch wenn sich der Kreis der Anspruchsberechtigten und die Leistungen der Pflegekassen erhöht haben: Die Pflegeversicherung ist nur eine Teilkaskoversicherung und setzt immer einen Antrag auf Zuerkennung eines Pflegegrades voraus. Dabei hängt die Leistung der Pflegekasse von dem Pflegegrad ab, in den der Pflegebedürftige durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, MDK, eingestuft wird. So werden im Pflegegrad 3 beispielsweise 545 Euro gezahlt, die an den Pflegebedürftigen direkt ausgezahlt werden, wenn er zu Hause gepflegt wird. Darüber hinaus gibt es Pflegesachleistungen, wenn ein professioneller ambulanter Pflegedienst in Anspruch genommen wird. Aber diese Leistungen reichen oft nicht zur Deckung der tatsächlichen Aufwendungen. So ist ein Heimplatz erst ab 2.000 Euro im Monat zu haben. Den Differenzbetrag zu den Leistungen der Pflegekasse muss man selber tragen. Verfügt der Pflegebedürftige oder seine Angehörigen über keine ausreichenden finanziellen Mittel, kommt das Sozialamt dafür auf. Allein 2014 wurden 5.600 Fälle dort bearbeitet, Tendenz steigend.

Bevölkerungsentwicklung

Pflege wird ein gesellschaftlich brisantes Thema bleiben. Unsere Gesellschaft altert. Eine Studie des
Statistischen Landesamtes geht davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2040 in Köln um 8.500 Personen zunehmen wird. Alle Beteiligten müssen jetzt schon die Weichen stellen, um diese Herausforderung auch meistern zu können

Beratung und Information
Die Adressen aller Seniorenberatungsstellen (in jedem Bezirksrathaus), Heime sowie ambulanten Pflegedienste und vieles mehr erhält man beim Zentralen Beratungstelefon für Senioren und Menschen mit Behinderung:
Tel. 0221 / 221-2 74 00
Mo–Do 9–12 Uhr und 14–16 Uhr, Fr 9–12 Uhr (oder auf den Anrufbeantworter sprechen, es wird zurückgerufen!)
Onlinesuche in der Datenbank des Beratungstelefons

MDK Nordrhein, Pflegezentrale Köln
Cäcilienkloster 6
50676 Köln
Tel. 0221 / 160 65-200, täglich 8–17.30 Uhr
E-Mail: pflegezentrale@mdk-nordrhein.de

Heimaufsicht Köln Bezirksrathaus Kalk
Kalker Hauptstr. 247–273
51103 Köln

Ab 1.11.2017: Bezirksrathaus Mülheim,
Wiener Platz 2a
51065 Köln
Tel. 0221 / 221-2 74 04
E-Mail: sozialamt.heimaufsicht@stadt-koeln.de

Zentrum für Qualität in der Pflege

Das aktuelle Handbuch der Pflegegrade
Alle Ansprüche kennen und ausschöpfen, den Gutachtertermin vorbereiten; mit Checklisten, Beispielen, Musterschreiben.
Birgit Greif, neu bearbeitete Auflage 2017
144 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-8029-7552-3

Tags: Beratung , Pflege

Kategorien: Leben in Köln